Villa Junghans: Stadt tritt auf der Stelle
Räte beklagen Geheimhaltung / Erbbaurechtsvergabe Favorit der Verwaltung

Bei der Villa Junghans ist seit einiger Zeit nicht mehr die Rede davon, dass man lediglich Keller und Erdgeschoss fit für einen Gastrobetrieb machen muss. Nein, es geht ums Gesamtgebäude. Das würde Pi mal Daumen fünf Millionen Euro kosten. Utopisch in der gegenwärtigen Finanzlage Schrambergs. Doch weshalb ist die Verwaltung vom ursprünglichen Konzept abgewichen – und folgt der Rat brav nach?
Schramberg. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik hat CDU-Rat Thomas Brantner darauf hingewiesen, dass bedauerlicherweise dieses Thema nicht-öffentlich sei. „Die Verwaltung sollte das offen diskutieren.“ Sein Fraktionskollege Dominik Dieterle bat ebenfalls, die Verwaltung solle „Details mitteilen, weshalb es nicht so einfach ist, dort wieder eine Gastronomie anzubieten“.
Ähnlich sah es Ralf Rückert (Freie/Neue Liste): „Wir sollten erklären, weshalb wir jetzt ein Gesamtprojekt machen müssen.“ Die Öffentlichkeit verstehe sonst nicht, worüber der Rat diskutiere. In dieser Sitzung gab es keine Erklärung mehr. So muss das geneigte Publikum weiter rätseln. Immerhin wissen wir nun, es gibt einen triftigen Grund.
Nicht erst seit 2022 ein Problemfall
Auch dass das Thema einmal mehr auf der Tagesordnung stand, hat natürlich einen Grund. Die Villa steht bekanntlich seit dem Ausscheiden der Pächterfamilie Weisser Ende 2022 leer. Fast jedenfalls. Eine Wohnung unterm Dach ist glücklicherweise bewohnt. Doch was mit dem historischen Gebäude mit seiner wechselhaften Geschichte geschehen soll, das steht weiterhin in den Sternen.
Nicht zum ersten Mal, wie man im „Schwarzwälder Boten“ lesen konnte. Schon vor 46 Jahren haben der damalige FDP-Stadtrat Klaus Grüner einen Antrag zur Villa Junghans im Gemeinderat gestellt. Einige Tage zuvor hätte der Rat „mit überwältigender Mehrheit“ einen Verkauf ausgeschlossen.
Grüner hatte daraufhin damals beantragt: „Es wird ein Investor und Pächter gesucht, der in räumlicher Verbindung zum Parkhotel einen Hotelneubau zu Eigentum erstellt und betreibt. Die Stadt stellt das Parkhotel für eine geringe Pacht langfristig zur Verfügung und räumt ein Vorkaufsrecht ein.“ Der SB schrieb, dies sei „wie eine Blaupause der siebenseitigen Sitzungsvorlage“ von Wirtschaftsförderer Ralf Heinzelmann für den Verwaltungsausschuss.
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr betonte in der Sitzung, Heinzelmann habe keineswegs bei Gruner „abgeschrieben“, sondern verschiedene Modelle untersucht.
Heinzelmann erläuterte dann die Vor- und Nachteile dieser fünf Modelle und weshalb eigentlich nur eine Erbpachtlösung in Frage komme.
Vier mehr oder weniger ungeeignete Modelle
Das Errichten einer Stiftung hätte den Haken, dass das Stiftungskapital erhalten bleiben muss. Die Stadt als Hauptstifter wäre weiter an die Ausschreibungsregeln gebunden. Die Gründung einer Genossenschaft oder die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wären ebenfalls „nicht zielführend“, weil kompliziert und rechtlich schwierig umzusetzen.
Die Pächtersuche über einen auf die Revitalisierung von kommunalen Gastronomieobjekten spezialisierten Makler wäre wegen der möglicherweise lange dauernden Umbauphase und recht hoher Maklerkosten nur als „Plan B“ möglich, so der Wirtschaftsförderer.
Erbbaurecht nach Konzeptvergabe
Heinzelmann favorisiert die Investorensuche „mit Erbbaurecht nach vorheriger Konzeptvergabe“. Dabei würde die Stadt nach einem Investor oder Betreiber über eine „Konzeptvergabe“ nach einem vorausgehenden Wettbewerb suchen. Als Beispiel für eine derartige Konzeptvergabe mit Erbbaurecht verweist Heinzelmann auf ein Projekt in Herrenberg.
Das Grundstück bliebe bei der Stadt, das Gebäude würde für die Laufzeit 40 oder 50 Jahre Eigentum des Pächters. Dabei ließe sich vieles vertraglich regeln. Allerdings weist Heinzelmann in seiner Vorlage auch auf ein Problem hin: „Das Risiko, dass sich in einem solchen Verfahren eventuell niemand finden könnte, gilt es zu kennen und abzuwägen.“
Insgesamt halte er das Erbbaurecht für „den praktikabelsten Weg, wenn wir die Villa für die Bevölkerung erhalten wollen“.
Es würde weiter dauern
In seiner Vorlage hat Heinzelmann auch eine Zeitschiene angegeben. So könnte die Stadt den Zuschlag an den Gewinner des Wettbewerbs zur Konzeptvergabe zwischen März und Juni 2027 erteilen.
Neben dem Thema der Nichtöffentlichkeit gab es noch eine Reihe anderer Fragen in der Diskussion. Brantner und auch später Mirko Witkowski (SPD-Buntspecht) wollten an diesem Abend noch keinen Beschluss fassen, sondern zunächst in der ganzen Fraktion beraten.
Das Erbbaurecht sei „nichts anrüchiges“, betonte Brantner. Die katholische Kirche nutze das Instrument häufig. Eigentlich hätte man schon vor drei Jahren etwas in dieser Richtung machen sollen.
Jürgen Reuter (Aktive Bürger) brachte das Thema „Herausragendes Kulturgut“ zur Sprache und in diesem Zusammenhang den Paragrafen 928 des bürgerlichen Gesetzbuches. Das denkmalgeschützte Gebäude gelte als herausragend. Die Stadt könnte auf das Eigentum verzichten und das Land müsste dann übernehmen und das Gebäude erhalten. Reuter bat dieses Thema zu prüfen.
Der Rat entscheidet
Dieterle fehlte eine Kostendarstellung bei den verschiedenen Modelle. Mit den Konzeptvergaben habe die Stadt keine so guten Erfahrungen gemacht. Er wollte wissen, ob die Vergabe-Entscheidung bei einer Jury liege.
Dem widersprach Eisenlohr mit dem Beispiel Planie. Da habe es gut funktioniert. Beim Krankenhaus wie auch bei der Planie habe der gesamte Rat die Entscheidungen getroffen. Heinzelmann schätzte die Kosten bei einem Maklerverfahren auf etwa 39.000 Euro, bei der Erbpacht auf 25.000 Euro. Das sei eine Zahl, die er aus Herrenberg erfahren habe.
Der Ausschuss stimmte bei Enthaltung von Oberbürgermeisterin Eisenlohr dafür, wie von Brantner beantragt, die Beschlussfassung dem gesamten Gemeinderat zu übertragen.